Trennung und Finanzen

Gemeinsam Einspruch gegen Steuerbescheid einlegen

Mittwoch, 30. November 2022, geschrieben von .

Gemeinsam Einspruch gegen Steuerbescheid einlegen

Bei der Steuer zählt jeder Euro. Werden Sie gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt, profitieren Sie von der Splitting-Tarif und zahlen weniger Einkommensteuer als wenn Sie einzeln veranlagt würden. Sind Sie mit dem Steuerbescheid nicht einverstanden, können Sie gegenüber dem Finanzamt Einspruch einlegen und den Steuerbescheid überprüfen lassen. Wer legt den Einspruch ein und welche Vorteile hat es, wenn Sie gemeinsam vorgehen?

Steuern nach der Trennung

Leben Sie als Ehepaar oder in eingetragener Lebenspartnerschaft zusammen, können Sie zwischen der Einzelveranlagung und der Zusammenveranlagung wählen. Die Zusammenveranlagung kommt in Betracht, wenn Sie nicht dauernd getrennt leben. Die Wahlmöglichkeit finden Sie auf dem Mantelbogen der Einkommensteuererklärung bei Ziffer 24. Ihre gemeinsame Steuererklärung müssen Sie gemeinsam unterschreiben. Die Zusammenveranlagung ist die steuergünstigste Form, weil es für verheiratete Paare die steuerbegünstigte Splittingtabelle gibt:

  • Hier wird die Steuer so berechnet, als würde jeder Ehepartner 50 % aller gemeinsamen Einkünfte verdienen.
  • Dies führt dazu, dass jeder Partner den Grundfreibetrag erhält und die steuerliche Progression stark abfällt.
  • Der Splitting-Vorteil zeigt sich vornehmlich bei Ehepaaren, die unterschiedlich viel verdienen und verliert an Kraft, je mehr sich Ihre Einkommen der Höhe nach angleichen.

Leben Sie vom Ehepartner das ganze Jahr über getrennt, werden Sie steuerlich einzeln veranlagt und profitieren nicht mehr vom Splittingtarif. Sie können die gemeinsame Steuererklärung nämlich nur noch für das Jahr abgeben, in dem einer der Partner aus der ehelichen Wohnung auszieht. Im Folgejahr werden Sie dann wie Singles behandelt und werden steuerlich einzeln veranlagt.

Für das Jahr Ihrer Trennung kann jeder Ehepartner auf Zusammenveranlagung bestehen. Auch nach der Trennung ist jeder Ehepartner verpflichtet, in die steuerliche Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen. Verweigert ein Ehepartner diesen berechtigten Wunsch, kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Die Zustimmung ist gerichtlich einklagbar.

Expertentipp: Versöhnungsversuch
Möchten Sie trotzdem noch die steuerliche Zusammenveranlagung erreichen, könnte sich ein Versöhnungsversuch empfehlen. Ziehen Sie bei Ihrem Ex-Partner wieder ein und melden sich beim Einwohnermeldeamt an, dürfen Sie für dieses Jahr wieder die Zusammenveranlagung wählen. Für die Inanspruchnahme des Splitting-Tarifs reicht jeder ernsthafte Versöhnungsversuch, auch wenn er letztlich gescheitert. Ihr Versöhnungsversuch sollte aber mindestens vier Wochen überstehen. Versöhnen Sie sich über den Jahreswechsel hinaus, retten Sie den Splitting-Vorteil sogar für zwei Jahre (Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 7.3.2005, Az. VI 160/2004).

Haften Ehepartner für die Steuerschulden des Partners?

Das Finanzamt setzt Ihre Steuerlast in einem Steuerbescheid fest. Der Steuerbescheid enthält Angaben über Art und Höhe der Steuer, wer die Steuer schuldet und wann sie fällig ist. Werden Sie gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt, sind Sie Gesamtschuldner (§ 44 Abgabenordnung). Dies bedeutet, dass Sie gemeinsam für die festgesetzte Steuerschuld haften, unabhängig davon, wer das Geld verdient hat. In der Konsequenz haften Sie auch für die Steuerschuld Ihres Ehepartners.

Schulden Sie die Steuer zusammen mit Ihrem Ehepartner als Gesamtschuldner, erhalten Sie einen zusammengefassten Steuerbescheid. Ein solcher Zusammenveranlagungsbescheid enthält jedoch zwei inhaltlich und verfahrensrechtlich selbstständige, nur der äußeren Form nach zusammengefasste Steuerverwaltungsakte, die ein unterschiedliches verfassungsrechtliches Schicksal haben können. Sie sind auch als zusammen veranlagte Ehepartner als zwei getrennte Steuerschuldner zu betrachten (so zuletzt Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.12.2021, Az. VIII R 16/20). Dies hat Konsequenzen, wenn Sie Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen wollen.

Einspruch gegen Steuerbescheid

Sind Sie mit dem Inhalt des Steuerbescheids sich einverstanden, können Sie gegenüber dem Finanzamt Einspruch einlegen:

  • Wurden Sie zusammen veranlagt und sind gemeinsam Adressaten des Steuerbescheides, empfiehlt sich, den Einspruch auch gemeinsam einzulegen.
  • Beide Ehepartner sollten im Adressfeld aufgeführt sein und beide sollten den Einspruch unterschreiben.

Nur so vermeiden Sie Unklarheiten und sind verfahrensrechtlich auf der sicheren Seite. Unterschreibt der Ehepartner den Einspruch nicht persönlich, ist aber mit dem Einspruch einverstanden, sollten Sie unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass Sie den Einspruch auch für den Ehepartner einlegen wollen. Ihr Einspruch gilt nicht automatisch auch als Einspruch für den Ehepartner. Es empfiehlt sich, den Einspruch für sich persönlich und im Auftrag (i.A.) für den Ehepartner zu unterschreiben.

Praxisbeispiel: Einspruch alleine unterschreiben

Im Fall des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 20.12.2012, Az. III R 59/12) hatte der Ehemann allein Einspruch eingelegt, im Briefkopf des Schreibens war allein sein Name aufgeführt, den Einspruch verfasste er in der Ich-Form und unterschrieb allein. Nach Ablauf der Einspruchsfrist betrachtete das Finanzamt den Steuerbescheid gegenüber der Ehefrau als rechtskräftig, so dass die Frau zur Zahlung der Steuerschuld verpflichtet war.

Vor allem, wenn Sie getrennt leben, könnte es schwierig werden, die Unterschrift des Partners zu organisieren. In diesem Fall kann es im Einzelfall ausreichen, wenn Sie allein Einspruch einlegen und das Einspruchsschreiben allein unterschreiben. Im Fall des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 14.12.2021, Az. VIII R 16/20) legte der Ehemann Einspruch gegen den Steuerbescheid ein. Er machte geltend, die Einkommensteuer sei aufgrund eines unzutreffenden Ansatzes seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen rechtswidrig zu hoch festgesetzt worden.

Das Finanzamt wies den Einspruch zunächst zurück, weil die gegenüber der Ehefrau des Ehemannes ergangene Einkommensteuerfestsetzung bereits bestandskräftig geworden sei und der Ehemann für die hieraus resultierende Einkommensteuer gesamtschuldnerisch hafte. Der Bundesfinanzhof gab dem Ehemann in letzter Instanz jedoch Recht. Steuerschuldner sei jeder Ehepartner für sich. Daher müsse es möglich sein, dass der Ehemann alleine den Einspruch eingelegt hatte und zwar auch dann, wenn der Steuerbescheid zugunsten der Frau bestandskräftig geworden und die Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO nicht mehr in Betracht kommen. Der Fall zeigt aber, dass der Einspruch eines Ehepartners allein Schwierigkeiten aufwirft, wenn das Finanzamt hiergegen Beanstandungen erhebt.

Wer bekommt die Steuerrückzahlung nach Trennung?

Kommt es infolge Ihres Einspruchs zu Steuererstattungen oder zu Steuernachzahlungen, haften Sie zwar gesamtschuldnerisch mit Ihrem Ehepartner. Trotzdem muss genau berechnet werden, wer welchen Anteil zu tragen hat. Nach der Trennung ist die Steuerlast im Rahmen einer fiktiven Einzelveranlagung zu berechnen und auszugleichen:

  • Für jeden Ehepartner wird also unabhängig von der Ehe eine Einzelsteuererklärung aufgesetzt, aus der der eigene Steueranteil bei Einzelveranlagung zu berechnen ist.
  • Hieraus ergibt dann fiktiv, welcher Anteil an der Steuererstattung oder der Steuernachzahlung betraglich besteht.
  • Sie haften also zwar gesamtschuldnerisch für die Steuerschulden des Partners, allerdings nicht zu gleichen Teilen, sondern eben nur nach dem Verhältnis der Steuerbeträge, die bei einer Einzelveranlagung angefallen wären (Brandenburgisches Oberlandesgericht Az. 15 UF 176/18).
  • Sie können diese Aufteilung der Gesamtschuld eigens beantragen (§ 269 Abgabenordnung).

Frist für Einspruch gegen Steuerbescheid

Der Einspruch ist innerhalb einer Einspruchsfrist von einem Monat einzulegen, nachdem der Steuerbescheid zugestellt wurde. Nach Ablauf der Frist wird der Steuerbescheid rechtskräftig und ist nicht mehr anfechtbar. Die Rechtsmittelfrist beginnt bei Zustellung des Steuerbescheids mit einfachem Brief drei volle Tage nach Aufgabe zur Post. Dabei genügt es, wenn Sie den Einspruch am letzten Tag der Frist in den Hausbriefkasten Ihres Finanzamtes einwerfen. Mit dem Einspruch gewinnen Sie Zeit, um in Ruhe zu prüfen zu, wie Sie den Einspruch im Detail begründen wollen.

Praxisbeispiel: Frist berechnen
Der Steuerbescheid trägt den Poststempel Montag, 15. August. Die Rechtsmittelfrist beginnt nach Ablauf von drei Tagen am Freitag, 19. August und endet einen Monat später am 18. September, 24.00 Uhr.

Beabsichtigen Sie, den Einspruch elektronisch anzulegen, empfehlen die Finanzämter, den Einspruch über „Mein Elster“ oder jede andere Steuer-Software, die die Möglichkeit des elektronischen Einspruchs anbietet, zu übermitteln. Auch wenn Sie Einspruch einlegen, müssen Sie die angeforderten Steuerbeträge fristgerecht zahlen. Möchten Sie einen Zahlungsaufschub erreichen, sollten Sie die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids oder die Stundung beantragen.

Alles in allem

Nicht jeder Steuerbescheid ist per se korrekt. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Im Steuerrecht gelten zudem eine Reihe von Formalien. Möchten Sie mit dem Finanzamt auf Augenhöhe kommunizieren, empfiehlt sich, sich möglichst anwaltlich oder steuerrechtlich beraten zu lassen.

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