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Ver­söh­nungs­ver­such im Tren­nungs­jahr

Bild: Versöhnungsversuch im Trennungsjahr

Hat der Ver­söh­nungs­ver­such Ein­fluss auf die Schei­dung?

Ihre endgültige Trennung vom Partner ist unabdingbare Voraussetzung für Ihre Scheidung. Finden Sie nach der Trennung doch wieder zusammen, hat Ihr Versöhnungsversuch im Trennungsjahr Auswirkungen auf die Scheidung. Der bloße, erfolglos bleibende Versöhnungsversuch schadet dem Trennungsjahr nicht, wohl aber, wenn Ihre Versöhnung erfolgreich verläuft und Sie die häusliche Gemeinschaft endgültig wiederherstellen. Sie sollten also wissen, was Versöhnung rechtlich bedeutet und wie Sie damit umgehen.

Kur­ze Zu­sam­men­fas­sung

  • Sie brauchen nicht zu befürchten, dass eventuelle Versöhnungsversuche den Ablauf des Trennungsjahres unterbrechen.
  • Versöhnung bedeutet, dass Sie die Absicht haben müssen, Ihre ehemals häusliche Gemeinschaft wiederherzustellen und Ihrer Ehe eine Chance geben.
  • Da Versöhnungsversuche nur Versuche sind, sollten Sie nach spätestens ca. drei Monaten die Entscheidung treffen, ob Sie die häusliche Gemeinschaft tatsächlich fortführen oder eben doch beenden wollen.

Prak­ti­sche Tipps für Sie

Tipp 1: Unterbrechung bei Wiederversöhnung
Ist der Versuch erfolgreich und kommt es zu einer echten Wiederversöhnung, unterbrechen Sie das Trennungsjahr. Für den Fall einer erneuten Trennung müssen Sie vor Beantragung der Scheidung das Trennungsjahr erneut in voller Länge vollziehen.

Tipp 2: Im Streitfall - Schriftliche Dokumentation
Mit der Behauptung, Sie hätten sich im Trennungsjahr erfolgreich wiederversöhnt, könnte Ihr scheidungsunwilliger Ehepartner Ihren Scheidungsantrag blockieren. Versuchen Sie am besten die Gegebenheiten schriftlich zu dokumentieren.

Tipp 3: Steuerklassen berücksichtigen
Leben Sie getrennt, müssen Sie den Steuerklassenwechsel zu Beginn des nächsten Kalenderjahres vollziehen. Es kommt nicht darauf an, wie lange Sie bereits getrennt leben. Insoweit kann es vorteilhaft sein, dass Sie eine günstige Steuerklassenkombination (z.B. III / V) möglichst lange behalten.

War­um ist das Tren­nungs­jahr Vor­aus­set­zung für mei­ne Schei­dung?

Sie können sich nach Ablauf von einem Jahr im Einvernehmen mit Ihrem Ehepartner und nach drei Jahren auch gegen den Willen des Ehepartners scheiden lassen. Dieser zeitliche Vorlauf vor der Scheidung ist das Trennungsjahr. Halten Sie diese „Bewährungszeit“ nicht ein, fehlt es am Trennungsjahr und damit an der entscheidenden Voraussetzung für Ihre Scheidung. Der Gesetzgeber fordert das Trennungsjahr aus dem Grund, dass Ehepartner nicht aus einer überstürzten Eilentscheidung heraus die Scheidung einreichen, ohne dass sie sich zuverlässig bewusst sind, ob sie wirklich geschieden werden wollen. Die Scheidung aus einer Laune heraus soll also vermieden werden. Im Trennungsjahr haben Sie mindestens zwölf Monate Zeit, sich über die Perspektiven Ihrer in dieser Zeit noch formal fortbestehenden Ehe klar zu werden.

Wel­cher Zu­sam­men­hang be­steht zwi­schen Tren­nungs­jahr und Ver­söh­nung?

Der Gesetzgeber ist nicht unbedingt daran interessiert, dass verheiratete Paare geschieden werden. Die Forderung nach einem Trennungsjahr ist bereits eine gewisse Bremse. Wenn Sie es dann schaffen, sich doch wieder zu versöhnen, sollen Sie die Möglichkeit haben, das anstehende Scheidungsverfahren zu stoppen. Sie brauchen dann nicht die Befürchtung zu haben, dass sich Ihre prozessuale Situation verschlechtert.

Deshalb bestimmt § 1567 Abs. II BGB, dass ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dient, den Ablauf des Trennungsjahres oder den Ablauf der dreijährigen Trennungsfrist nicht unterbricht oder hemmt. Mit dieser gesetzlichen Bestimmung sind eine Reihe von Detailfragen verbunden. Die Frage, wann und ob eine Versöhnung stattgefunden hat, beschäftigt immer wieder die Familiengerichte. Oft taucht die Streitfrage erst im mündlichen Termin auf, in dem der Richter eigentlich über die Scheidung beschließen will. Dann steht Ihre Scheidung womöglich auf der Kippe.

Was ist der Un­ter­schied zwi­schen Ver­söh­nungs­ver­such und Wie­der­ver­söh­nung?

Sie müssen einen Versöhnungsversuch von einer echten Wiederversöhnung unterscheiden. Der Gesetzgeber erkennt nur Versöhnungsversuche an, bei denen es nur zu einem vorübergehenden Zusammenleben für eine kürzere Zeit gekommen ist und Sie sich danach doch wieder getrennt haben. Dass tatsächlich nur Versöhnungsversuche anerkannt werden, ergibt sich daraus, dass der Gesetzestext vom „Zusammenleben über kürzere Zeit“ spricht. Versöhnen Sie sich jedoch erfolgreich, kommt es auf ein Zusammenleben über kürzere Zeit nicht an, da Sie dauerhaft zusammenleben wollen. Die Konsequenzen sind erheblich.

Ein erfolglos verlaufender Versöhnungsversuch über kürzere Zeit unterbricht den Ablauf des Trennungsjahres nicht. Sollten Sie sich jedoch erfolgreich wieder versöhnt haben, wird das Trennungsjahr gestoppt. Falls Sie sich danach doch wieder trennen und scheiden lassen wollen, müssen Sie das Trennungsjahr erneut in voller Länge abwarten. Die anfängliche Trennungszeit vor der Wiederversöhnung wird dann nicht mehr mitgerechnet.

Wel­che Ab­sicht ist mit der Ver­söh­nung ver­bun­den?

Ein Zusammenleben über kürzere Zeit unterbricht oder hemmt den Lauf der Trennungsfrist nicht. Die Trennungsfrist läuft also unverändert fort. Der Zweck ist klar. Versöhnungsversuche sollen gefördert werden. Wichtig ist, dass Ihr Zusammenleben der Versöhnung dient. Sie müssen also subjektiv die Absicht haben, Ihre Ehe zu retten. Es schadet nicht, wenn dabei andere Motive zusätzlich eine Rolle spielen. Wenn Ihr Ehepartner so schwer erkrankt ist, dass Sie zu ihm/ihr in die frühere gemeinsame eheliche Wohnung zurückkehren und dabei die Absicht haben, Ihre Ehe fortzusetzen, haben Sie sich rechtlich betrachtet versöhnt. Auch der Ehepartner muss bereit sein, Ihre Ehe fortzusetzen. Ihre Absicht dokumentieren Sie jeweils darin, dass Sie Ihre häusliche Gemeinschaft wieder begründen und damit gegenseitig bestätigen, dass Sie Ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft eine neue Chance geben.

Weitere Beispiele

  • Fehlt es an der Begründung einer häuslichen Gemeinschaft, reichen einmaliger Geschlechtsverkehr (OLG Köln FamRZ 2002, 239) oder auch regelmäßiger Geschlechtsverkehr (OLG Düsseldorf FamFR 10, 116) nicht für eine Versöhnung aus. Oder umgekehrt gesagt: Bloßer Geschlechtsverkehr begründet noch keine häusliche Gemeinschaft und damit auch keinen Versöhnungsversuch.
  • Ähnlich ist es, wenn Sie Ihren erkrankten Ehepartner nur für eine von vornherein begrenzte Zeit pflegen und nach der Genesung wieder ausziehen wollen.
  • An einer häuslichen Gemeinschaft fehlt es auch, wenn Sie gemeinsam in Urlaub fahren und sich im Urlaub versöhnen, nach dem Urlaub aber doch wieder getrennte Wege gehen.
  • Auch der bloße Versuch einer Versöhnung genügt nicht, wenn Sie Ihre häusliche Lebensgemeinschaft nur unter der Bedingung neu begründen wollen, dass der alkoholkranke Partner eine Entziehungskur macht oder dem Zusammenleben für den Zeitraum eines gemeinsamen Urlaubs zustimmen.

Was be­deu­tet „Zu­sam­men­le­ben über kür­ze­re Zeit“?

Leben Sie nach der Trennung über kürzere Zeit wieder zusammen, haben Sie sich wahrscheinlich versöhnt. Die Frage ist, was ein Zusammenleben über kürzere Zeit in zeitlicher Hinsicht bedeutet. Eine pauschale Regelung oder eine gesetzliche Vorgabe gibt es hierzu nicht. Es kommt stets auf die Umstände im Einzelfall an. Wie schwierig die Beurteilung ist, zeigen die teils sehr unterschiedlichen gerichtlichen Entscheidungen. Lassen Sie sich nicht davon abschrecken, dass wir jetzt Urteile zitieren. Aber nur anhand der Urteile können Sie nachvollziehen, wie Sie sich in Ihrem Fall bestenfalls verhalten sollten.

  • Das OLG Düsseldorf (2 WF 79/94) war der Auffassung, dass ein Zeitraum von drei Monaten noch kurz genug sei. Leben Sie also nach der Trennung drei Monate wieder zusammen, kann es sich um einen kürzeren Zeitraum handeln, der den Ablauf des Trennungsjahres nicht unterbricht.
  • Genau gegensätzlich entschied das OLG Hamm (1 WF 20/861). Ein Zusammenleben von drei Monaten könne nicht mehr als kürzere Zeit angesehen werden. Es unterschied zudem ausdrücklich zwischen einem Versöhnungsversuch, der erfolglos blieb und einer echten Versöhnung. Eine echte Versöhnung hätte die Konsequenz, dass das Trennungsjahr abgebrochen worden wäre. Wollten sich die Ehepartner dann doch scheiden lassen, hätten sie das Trennungsjahr von neuem beginnen müssen.
  • Das OLG München (FamRZ 1990, 885) hielt wiederum eine 16-tägige Versöhnungszeit nicht für eine kürzere Zeit, mit der Konsequenz, dass das Trennungsjahr neu starten musste. Grund dafür war, dass die Ehefrau den Richter überzeugen konnte, dass es sich bei ihrem 16-tägigen Zusammenleben nicht nur um einen Versöhnungsversuch, sondern um eine ernsthafte Wiederversöhnung gehandelt habe. Da es sich um eine Wiederversöhnung handelte, komme es auch nicht auf die Dauer der Versöhnung an. Die Ernsthaftigkeit der Wiederversöhnung sah das Gericht darin, dass die Ehepartner ihre Scheidungsanträge förmlich bei Gericht zurückgezogen hatten.

Gut zu wissen: Streben Sie eine Versöhnung mit Ihrem Ehepartner an, sollten Sie einen Versöhnungszeitraum von maximal etwa drei Monaten im Blick behalten. In dieser Zeit sollten Sie sich klarwerden, ob Ihre Ehe eine Chance hat. Jeder Tag, den Sie danach abwarten, torpediert das Trennungsjahr. Neben dem zeitlichen Rahmen kommt es aber auch auf die Umstände an, unter denen Sie die Versöhnung versucht haben.

War­um kann ei­ne Ver­söh­nung mei­nen Schei­dungs­an­trag tor­pe­die­ren?

Im mündlichen Scheidungstermin wird Sie der Richter fragen, seit wann Sie getrennt leben. Geben Sie übereinstimmende Erklärungen ab, die den Vollzug des Trennungsjahres nahelegen, wird der Richter Ihre Information problemlos akzeptieren. Geben Sie aber unterschiedliche Termine an oder behauptet der Ehepartner, dass Sie sich erfolgreich versöhnt hätten, muss der Richter nachfragen und klären, ob das Trennungsjahr vollzogen wurde. Hätten Sie sich nämlich tatsächlich wieder versöhnt, könnte es sein, dass das Trennungsjahr eben nicht in vollem Umfang abgelaufen ist. Der Richter müsste Ihren Scheidungsantrag dann gebührenpflichtig zurückweisen.

Behaupten Sie also entgegen den Darstellungen Ihres Ehepartners, dass Sie das Trennungsjahr vollzogen haben, sind Sie beweispflichtig. Sie müssen nachweisen, dass Sie mindestens ein Jahr getrennt voneinander gelebt haben. Den Nachweis führen Sie beispielsweise dadurch, dass Sie Ihren neuen Mietvertrag oder eine Meldebescheinigung über den Einzug in eine neue Wohnung vorlegen, Verwandte oder auch die eigenen Kinder als Zeugen benennen. Auch der Schriftverkehr mit Ihrem Ehepartner kann Hinweise auf die Trennungszeit liefern. Sofern Sie gemeinsam in der ehelichen Wohnung verblieben sind, wäre es hilfreich, wenn Sie beide ein Papier unterschrieben hätten, worin Sie festgehalten haben, dass Sie seit einem bestimmten Datum innerhalb der Wohnung getrennt leben. Auch Ihr Anwalt könnte dazu ein offizielles Schreiben an Ihren Ehepartner richten, in dem er als Anwalt das Getrenntleben feststellt.

Da Ihnen Versöhnungsversuche nicht schaden sollen, ist der Ehepartner beweispflichtig dafür, dass Ihr Zusammenleben nicht zu einer echten Versöhnung geführt hat oder länger als eine kürzere Zeit gedauert hat(OLG Zweibrücken FamRZ 1997, 1212). Kann er diesen Beweis nicht führen, bleibt es bei Ihrer Behauptung, dass das Trennungsjahr vollzogen wurde.

Wel­chen Ein­fluss ha­ben Ver­söh­nungs­ver­su­che auf mei­ne Steu­er­er­klä­rung?

Leben Sie getrennt, müssen Sie die Steuerklassen zu Beginn des nächsten Kalenderjahres anpassen. Es kommt nicht darauf an, wie lange Sie bereits getrennt leben. Insoweit kann es vorteilhaft sein, dass Sie eine günstige Steuerklassenkombination (z.B. III / V) möglichst lange behalten und bestenfalls in das kommende Kalenderjahr retten. Ändern Sie wegen Ihrer Trennung Ihre Steuerklassen, werden Sie ab dem Januar des Folgejahres nicht mehr gemeinsam steuerlich veranlagt. Vielmehr werden beide Ehepartner nach Steuerklasse I besteuert oder, falls Sie ein Kind haben, der Ehepartner mit dem Kind nach Steuerklasse II.

Praxisbeispiel: Sie haben sich im Oktober getrennt. Eigentlich müssten Sie Ihre bisherige Steuerklassenkombination III / V zum Anfang des neuen Jahres in die Steuerklassenkombination I / I oder II ändern. Sie zahlen dann erheblich mehr Einkommensteuern. Um diese Nachteile zu vermeiden, könnten Sie sich spätestens zum Ende des Kalenderjahres indem Sie die Trennung vollzogen haben versöhnen und bis ins neue Jahr den Versöhnungsversuch dokumentieren. (Finanzgericht Nürnberg VI 160/2004).

Aus­blick

Versöhnungsversuche im Trennungsjahr sind begrüßenswert, sollten aber den zeitlichen und rechtlichen Rahmen berücksichtigen. Andererseits brauchen Sie sich keine großen Gedanken zu machen, wenn Sie es mit der Scheidung nicht ganz so eilig und kein Problem damit haben, das Trennungsjahr eventuell neu zu beginnen.

Geschrieben von: Volker Beeden

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