Trennung und Finanzen

Gerichtsbeschluss: Umgangsvereinbarung vollstreckbar

Sonntag, 14. Februar 2021, geschrieben von .

Gerichtsbeschluss: Umgangsvereinbarung vollstreckbar

Eine Umgangsvereinbarung ist eine gute  Grundlage, um das Umgangsrecht des Kindes mit dem Elternteil zu gestalten, der das Kind nicht in seinem Haushalt betreut. Entscheidend dabei ist, dass eine Umgangsvereinbarung auch zwangsweise vollstreckbar sein muss. Allein an dieser Voraussetzung scheitern viele Umgangsvereinbarungen. Möchten Sie den Umgang auf eine rechtlich sichere Grundlage stellen, sollten Sie wissen, auf was es bei der Formulierung einer solchen Umgangsvereinbarung ankommt und insbesondere wann eine Umgangsvereinbarung vollstreckbar ist.

Praxistipp: All diese Ausführungen mögen Ihnen theoretisch erscheinen. Dennoch haben sie ungemeine praktische Bedeutung. Das zeigt sich meist erst dann, wenn es zu spät ist und Sie feststellen, dass Sie im Vorfeld keine angemessene oder eine beanstandungsfähige Regelung wegen des Umgangs getroffen haben.

Was be­deu­tet „voll­stre­ckungs­fä­hi­g“ ei­gent­lich?

Haben Sie eine Umgangsregelung getroffen, ist noch lange nicht gewährleistet, dass beide Elternteile sich an die Regelung halten. Vor allem, wenn ein Elternteil glaubt, eine Umgangsregelung in seinem Sinne interpretieren zu dürfen, erwächst Konflikt- und Streitpotenzial. Dann kommt es darauf an, was genau dokumentiert ist und ob der Inhalt der Vereinbarung geeignet ist, die Vereinbarung notfalls zwangsweise umzusetzen und zu vollstrecken.

Neu­er Be­schluss des OLG Bran­den­burgs zur Um­gangs­ver­ein­ba­rung

Ein Elternpaar hatte in einer gerichtlich dokumentierten Umgangsregelung vereinbart, dass der Vater seine Tochter in der Hälfte der Ferienzeiten zu sich nehmen dürfe. Die Mutter weigerte sich. Der Vater wollte die Umgangsregelung zwangsweise vollstrecken und beantragte bei Gericht, der Mutter ein Ordnungsgeld aufzuerlegen. Das Gericht wies den Antrag zurück. Die Vollstreckung einer Umgangsregelung setze voraus, dass das Umgangsrecht hinreichend bestimmt und konkret geregelt sei. Dazu gehören eine genaue und erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs (OLG Brandenburg, Beschluss vom 1.10.2020, Az. 13 UF 148/20, FamRZ 2021, 217). Daher sei die Regelung des Umgangs in „der Hälfte der Ferienzeiten“ mangels Bestimmtheit nicht vollstreckbar. Der Ferienumgang sei zeitlich wieder nach Datum noch nach Uhrzeit seines Beginns oder Endes bestimmt.

Wie ge­stal­ten Sie ei­ne Um­gangs­re­ge­lung mit ei­nem voll­stre­ckungs­fä­hi­gen In­halt?

Ziel einer Umgangsregelung muss sein, die Vereinbarung im Hinblick auf die familiären und persönlichen Gegebenheiten beider Elternteile so knapp wie möglich und so detailliert wie nötig zu gestalten. Daraus kann sich im Einzelfall durchaus eine Gratwanderung ergeben. Eine übertrieben detaillierte Regelung kann sich genauso als unpraktikabel erweisen wie eine zu pauschal formulierte Regelung.

Ist die Umgangsregelung zu detailliert vereinbart, ist sie wahrscheinlich vollstreckungsfähig, Sie müssen jedoch damit rechnen, dass ein Elternteil sich aufgrund irgendwelcher, wahrscheinlich sogar unverschuldeter Umstände außerstande sieht, den Umgang zu gewähren oder in Anspruch zu nehmen. Es verwundert nicht, wenn sich daraus dann Konflikte entwickeln.

Ist die Umgangsregelung umgekehrt zu pauschal vereinbart, müssen Sie damit rechnen, dass sie keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Auch wenn sie rechtsverbindlich vereinbart ist, kann es sein, dass ein Gericht im Streitfall erklärt, es fehle an Details.

Insoweit kommt es darauf an, eine Umgangsregelung so zu formulieren, dass jeder Elternteil genau weiß, welche Rechte oder welche Pflichten er hat. Dann ist auch ein Familiengericht in der Lage, die Regelung so zu interpretieren, dass der Elternteil bei einem Verstoß gegen die Umgangsvereinbarung mit einem Ordnungsgeld belegt oder sogar Ordnungshaft angedroht wird.

Ab­wei­chen­de Ver­ein­ba­run­gen ent­ge­gen der Um­gangs­ver­ein­ba­rung sind nicht voll­streck­bar

Haben Sie eine rechtsverbindliche Umgangsvereinbarung getroffen und ändern Sie übereinstimmend die darin dokumentierten Umgangsrechte ab, sind die geänderten Umgangszeiten nicht vollstreckbar. Das in einem gerichtlichen Umgangstitel oder in einer notariell beurkundeten Scheidungsfolgenvereinbarung konkretisierte Recht des Kindes auf Umgang mit jedem seiner Elternteile steht nicht zur Disposition der Eltern. Soweit Sie das dokumentierte Recht ändern, müssen Sie hinnehmen, dass die Änderungen nicht zwangsvollstreckt werden.

Beispiel: Im bereits genannten Fall des OLG Brandenburg hatten die Eltern vereinbart, dass der Vater in den geraden Kalenderwochen von Freitag 16:00 Uhr bis Sonntag 17:00 Uhr Umgang mit seinem Kind haben soll. Als die Mutter das Kind zu diesem Zeitpunkt nicht übergeben wollte, beantragte der Vater, gegen die Mutter ein Ordnungsgeld zu verhängen. Das Gericht wies den Antrag zurück. Die Mutter habe nicht gegen die Umgangsvereinbarung verstoßen, da die Umgangsvereinbarung einen Wochenendumgang für gerade Wochen regele, während der gewünschte Umgang in die ungerade Woche fiel.

Wann ist ei­ne Um­gangs­ver­ein­ba­rung rechts­ver­bind­lich und for­mell voll­streck­bar?

Sie können eine Umgangsvereinbarung in Übereinstimmung mit Ihrem Ehepartner oder Ihrer Ehepartnerin jederzeit formlos, also mündlich oder privatschriftlich, treffen. Das Problem dabei ist, dass eine derartige Vereinbarung rechtlich nicht verbindlich ist. Deshalb ist diese auch nicht zwangsweise vollstreckbar.

Möchten Sie eine Umgangsvereinbarung rechtsverbindlich und damit formell vollstreckbar dokumentieren, können Sie den Umgang in einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln, die Sie dann notariell beurkunden müssen. Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin können dazu eine solche Umgangsregelung mit Ihrem Ehepartner oder Ihrer Ehepartnerin verhandeln und im Entwurf fertigen. Den Entwurf lassen Sie dann notariell beurkunden. Alternativ können Sie die Regelung auch im mündlichen Scheidungstermin gerichtlich protokollieren lassen. In beiden Fällen ist die Regelung rechtsverbindlich und damit vollstreckbar. Nachteilig dabei ist, dass beide Ehepartner wegen des Anwaltszwangs bei den Familiengerichten anwaltlich vertreten sein müssen.

Streiten Sie wegen des Umgangs, können Sie beim Familiengericht auch einen Antrag auf gerichtliche Billigung einer Umgangsvereinbarung stellen. Das Gericht trifft dann eine Umgangsentscheidung. Allerdings ist das Gericht immer noch dazu verpflichtet, nach Maßgabe des § 159 FamFG Ihr Kind anzuhören. Dann müssen Sie damit rechnen, dass das Gericht Ihre auf freiwilliger Basis getroffene Umgangsvereinbarung nicht vorbehaltlos übernimmt, sondern so abändert, dass auch die bei der Anhörung zu Tage getretenen Interessen des Kindes angemessen berücksichtigt werden.

Was ist zu tun, wenn Sie ei­ne rechts­ver­bind­lich ver­ein­bar­te Um­gangs­re­ge­lung ab­än­dern wol­len?

Haben Sie eine Umgangsregelung rechtsverbindlich vereinbart, können und müssen Sie beim Familiengericht beantragen, die Umgangsregelung abzuändern. Ist Eile geboten, können Sie Ihren Antrag auch im Wege einer einstweiligen Anordnung vortragen. Sie sind jedenfalls nicht befugt, eine rechtsverbindlich vereinbarte Umgangsregelung nach eigenem Gutdünken abzuändern oder zu interpretieren.

Beispiel: In dem genannten Fall, über den das OLG Brandenburg entschied, wurde die Mutter darauf hingewiesen, dass die Befürchtung einer Ansteckung mit dem Corona-Virus keine hinreichende Grundlage darstelle, eine vereinbarte Umgangsregelung zu verweigern. Hätte die Mutter ihren Bedenken Geltung verschaffen wollen, hätte sie beim Familiengericht vorstellig werden müssen.

Wann kann bei Ver­stoß ge­gen ei­ne Um­gangs­re­ge­lung Ord­nungs­geld oder Ord­nungs­haft ver­hängt wer­den?

Verstößt ein Elternteil gegen die rechtsverbindlich dokumentierte Umgangsregelung, kann der andere Elternteil beim Familiengericht beantragen, ein Ordnungsgeld und ersatzweise Ordnungshaft anzuordnen. Dabei spielt es keine Rolle, dass es sich möglicherweise um einen einmaligen Verstoß gegen die vereinbarte Umgangsregelung handelt.

Beispiel: Sie haben vereinbart, dass der betreuende Elternteil das Kind freitags um 15:00 Uhr zum Umgang übergibt. Hält der Elternteil das Kind dann nicht bereit, verstößt er gegen die vereinbarte Umgangsregelung.

Das Gericht ist dann regelmäßig dazu verpflichtet, ein Ordnungsgeld festzusetzen. Nur so lasse sich gewährleisten, dass der vom Gesetz verfolgte Sanktionszweck eines Ordnungsmittels Berücksichtigung finde (OLG Brandenburg, Beschluss vom 28.7.2020, Az. 13 UF 118/20, FamRZ 2021, 217). Der Umstand, dass es sich dann möglicherweise um einen erstmaligen oder einmaligen Verstoß handelt, kann dann nach Maßgabe der Einkommensverhältnisse bei der Höhe des Ordnungsgeldes berücksichtigt werden.

bae8040000ac4290bbda5fd78ae865dc

iurFRIEND® ist Ihr Rechtsfreund
für viele Rechtsangelegenheiten.
Wir bieten allen Menschen mit Rechtsproblemen einen kostenlosen Einstieg in die Welt des Rechts:
Ratgeber - Checklisten & Formulare - Gratis-InfoPakete - Orientierungsgespräche

Frage online stellen

oder

Direkt kostenlos anrufen

0800 34 86 72 3