Trennung und Neubeginn

Sozialer Abstieg nach Trennung

Montag, 24. Januar 2022, geschrieben von .

Sozialer Abstieg nach Trennung

„Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel“? So jedenfalls lautet die Befürchtung mancher Paare, die mit Trennung und ggf. Scheidung zu kämpfen haben. Vor allem bei gemeinsamen Kindern fürchtet der Partner, der die Kinder zu Hause betreut, diese und sich nicht mehr ausreichend versorgen zu können. Das muss jedoch nicht sein. Wer sich frühzeitig informiert, kennt seine Rechte und weiß, an welche Hilfsstellen er sich wenden kann.

Was ist ein sozialer Abstieg?

Es gibt keine feste Definition des sozialen Abstiegs. Allgemein ausgedrückt setzt ein sozialer Abstieg voraus, dass Sie sich zuvor während Ihrer Beziehung bzw. Ehe auf einem höheren sozialen Niveau befunden haben. Stehen Ihnen infolge der Trennung und Scheidung dann weniger finanzielle Mittel zur Verfügung,

  • können Sie sich weniger leisten,
  • müssen sich einschränken
  • und auf sportliche, kulturelle und gesellschaftliche Aktivitäten verzichten.
  • Möglicherweise ziehen Sie sich auch aus Ihrem Bekanntenkreis zurück.

Sozialer Abstieg bedeutet aber nicht, dass Sie ein anderer Mensch werden oder gar weniger wert sind als zuvor. Auch bedeutet es nicht unbedingt, dass Sie verarmen oder dauerhaft mit weniger auskommen müssen. Sie leben eben Ihr Leben (zumindest vorübergehend) anders.

Als besonders sozial abstiegsgefährdet gelten u.a. Alleinerziehende, Beschäftigte im Niedriglohnsektor, Frauen im Rentenalter, sowie Familien mit mehr als zwei Kindern.

Wer gilt als „arm“?

Als armutsgefährdet oder einkommensarm gilt nach der EU-Definition, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zum Leben hat. Dieses „Armutsrisiko“ betrifft etwa 1/6 der Bevölkerung. Das Durchschnittseinkommen aller Arbeitnehmer betrug im Jahr 2020 monatlich 2.084 EUR netto (Quelle: statista.com).

Ein Fünftel der Bevölkerung gilt als von „Armut oder sozialer Ausgrenzung“ betroffen. Unzureichender Zugang zum Arbeitsmarkt, Überschuldung, fehlende Mittel für kurzfristig nötige Reparaturen mit bis zu 1.000 EUR, nicht jeden Tag eine warme Mahlzeit, keine sichere Wohnkostenfinanzierung, Probleme mit der Mobilität im Alltag sind Faktoren, die das Merkmal Armut konkretisieren.

Wie findet der Abstieg in die Armut statt?

Wirtschaftlich betrachtet, gibt es bei Trennung und Scheidung keine Gewinner. Irgendwie lässt jeder Federn. Ob damit zugleich auch der Abstieg in die Armut stattfindet, hängt von Ihren persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ab, aber auch davon, wie Sie die Trennung abwickeln. Im Folgenden gehen wir auf einige zentrale Risikofaktoren ein und geben Ihnen Tipps, wie Sie damit umgehen können.

Gibt es Unterschiede beim Armutsrisiko bei verheirateten und nicht verheirateten Paaren?

Sind Sie verheiratet, besteht Anspruch auf Trennungs- und nachehelichen Ehegattenunterhalt, Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich. Sind Paare nicht miteinander verheiratet, bestehen diese gesetzlichen Ansprüche nicht. Insoweit reduziert sich das Armutsrisiko, weil eben keine Ausgleichsansprüche bestehen. Finanzielle Schwierigkeiten ergeben sich allenfalls daraus, dass Sie Ihre gemeinsame Wohnung auflösen müssen und jeder Ehepartner einen eigenen Hausstand begründen muss. Es steht Ihnen natürlich frei, miteinander einen Partnerschaftsvertrag für Unverheiratete abzuschließen und so alles Wichtige rund um die Trennung zu regeln.

Wie wohnen Sie?

Haben Sie bislang gemeinsam die Ehewohnung bewohnt, werden Sie nach der Trennung und Scheidung Ihre Wohnung selbst bezahlen müssen, sei es, dass Sie zur Miete wohnen oder den Unterhalt für eine in Ihrem Eigentum stehende Immobilie aus der eigenen Tasche aufbringen müssen. Gleiches gilt natürlich für den Ehepartner. Auch er bzw. sie muss eine eigene Wohnung bezahlen. Im ungünstigsten Fall verdoppelt sich der Kostenaufwand. Auch werden Sie im Hinblick auf die Kosten in Kauf nehmen müssen, dass Sie in einer kleineren und weniger attraktiven Wohnung in einer entsprechenden Wohngegend leben müssen.

Expertentipp:

Sind Sie Eigentümer einer gemeinsamen Immobilie, werden Sie oft nicht umherkommen, die Immobilie zu verkaufen. Verkaufen Sie das Objekt, fließt der Erlös aus dem Verkauf wahrscheinlich direkt an die Bank, um den zur Finanzierung des Kaufpreises aufgenommenen Kredit abzulösen. Auf jeden Fall ist es dringend anzuraten, dass Sie die Immobilie freihändig auf dem Markt anbieten und verkaufen. Vermeiden Sie, dass Sie das Haus oder die Wohnung unter Druck verkaufen müssen. Lassen Sie es möglichst nicht auf eine gerichtliche Teilungsversteigerung ankommen, bei der die Objekte im Versteigerungstermin erfahrungsgemäß weit unter dem Verkehrswert dem meistbietenden Interessenten zugeschlagen werden.

Lebensunterhalt nach der Trennung absichern

Lebten Sie bis zur Trennung in einer Alleinverdienerehe und brauchten Ihren Lebensunterhalt nicht selbst zu verdienen, werden Sie spätestens nach der Scheidung im Hinblick auf Ihre Eigenverantwortung eigenes Geld verdienen müssen. Damit wird offensichtlich, dass der Partner leidet, der bislang vom Partner finanziell abhängig war.

Gut zu wissen:

Vor allem Frauen, die vor Jahren geheiratet und traditionell die Rolle der Hausfrau und Mutter übernommen haben, sind besonders vom sozialen Abstieg und von Armut betroffen. Sie haben nach der Scheidung nur noch Anspruch auf Unterhaltszahlungen, wenn sie aus ehebedingten Gründen finanziell bedürftig sind und es nicht zuzumuten ist, eigenes Geld zu verdienen. Mithin ist es so, dass der Gesetzgeber durch die Reform im Jahr 2008 die Unterhaltspflicht nach der Scheidung stark eingeschränkt hatte. Grund dafür war der Entwurf eines neuen zeitgemäßen Frauenbildes. Die „Frau von heute“ macht Karriere, ist eigenständig und finanziell vom ehemaligen Ehepartner unabhängig. Vor allem die schwierige Situation alleinerziehender Mütter legt jedoch die Schwächen dieser Grundidee offen, da oftmals nicht berücksichtigt wird, wie schwierig der Berufseinstieg und die Organisation von Kinderbetreuung sein können.

Aber auch der Hauptverdiener muss finanziell mit weniger auskommen. Schließlich ist er oder sie dazu verpflichtet, nach der Scheidung Unterhaltszahlungen zu leisten.

Fürs Alter vorsorgen

Lassen Sie sich scheiden, führt das Familiengericht von Amts wegen den Versorgungsausgleich durch. Dies bedeutet, dass die Rentenanwartschaften, die Ihr Ehepartner in der Ehe erarbeitet hat, unter beiden Ehepartnern aufgeteilt werden. Sofern Sie eigene Rentenanwartschaften begründet haben, werden diese angerechnet. Trotzdem ist es so, dass damit faktisch die Altersversorgung des Ehepartners nahezu halbiert wird.

Nutzen Sie daher auch andere Wege der Altersvorsorge und lassen sich beraten, wie Sie den Versorgungsausgleich ggf. individuell gestalten können, um beide Partner möglichst fair abzusichern.

Kinder trotz Trennung gut versorgen

Die Tatsache, dass die Zahlung von Kindesunterhalt nicht unbedingt die Regel darstellt, zeigt sich darin, dass der Staat in den letzten Jahren immer mehr Unterhaltsvorschuss an alleinstehende Elternteile zahlen muss. Zugleich haben sich die Aussichten, den unterhaltspflichtigen Elternteil in Regress zu nehmen, reduziert. Auch dies ist ein Beleg dafür, dass unterhaltspflichtige Elternteile nach der Scheidung finanziell mindestens Schwierigkeiten haben, die Verantwortung für das eigene Kind wahrzunehmen. Doch immerhin gibt es staatliche Hilfe mit dem Unterhaltsvorschuss und einer möglichen Beistandschaft des Jugendamtes, um Alleinerziehenden unter die Arme zu greifen.

Was können Sie tun, um nicht sozial abzusteigen?

Spätestens nach der Scheidung sind Sie dem Grundsatz nach für sich selbst verantwortlich. Es ist jetzt Ihre Aufgabe, die Herausforderung anzunehmen, sich auf eigene Füße zu stellen. Auch wenn Ihre Ehe gescheitert ist, sollten Sie keinesfalls resignieren. Natürlich ist es einfacher gesagt als getan. Sie werden im Rahmen Ihrer Möglichkeiten versuchen müssen, über eventuelle Unterhaltsansprüche hinaus eigenes Geld zu verdienen. Lassen Sie sich gegebenenfalls in Ihrem erlernten Beruf fortbilden oder umschulen oder investieren Sie in eine Ausbildung. Immerhin sind Sie für diesen Zeitraum unterhaltsberechtigt. Ungeachtet dessen haben Sie bei Bedürftigkeit Anspruch auf eine ganze Reihe staatlicher Unterstützungsleistungen.

Alles in allem

Nach der Trennung ändert sich einiges, das macht sich nicht nur emotional, sondern insbesondere auch finanziell bemerkbar. Neben den Hilfen, die Sie vom Ex-(Ehe)partner und Staat bei teils unausweichlichen Folgen erhalten, haben Sie vor allem eins in Ihrer Hand: Die einvernehmliche Abwicklung der Trennung bzw. Scheidung. Versuchen Sie gemeinsam eine außergerichtliche Lösung, etwa in Form einer Trennungs- oder Scheidungsfolgenvereinbarung, zu finden, sparen Sie damit schließlich auch Geld, das Sie sonst für ein belastendes und kostspieliges Verfahren aufbringen müssten. Das Geld, das Sie so einsparen, können Sie viel besser in Ihr neues Leben investieren.

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