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Häusliche Gewalt und Corona

Montag, 18. Mai 2020, geschrieben von .

Häusliche Gewalt und Corona

Wie kön­nen Sie sich ge­gen häus­li­che Ge­walt schüt­zen?

Corona bedeutet vielfach häusliche Enge. Und Enge führt zu häuslicher Gewalt. Zumindest scheinen die polizeilichen Statistiken dies zu belegen. So habe die Hamburger Polizei allein in der von der Corona-Krise noch gar nicht geprägten Zeit von Januar bis März 1.211 Fälle von Gewalt in der Partnerschaft registriert (Quelle: NDR vom 7.5.2020). Für die Zahlen im April 2020, als Kontaktverbote und Ausgangsbeschränkungen angeordnet wurden, liegen noch keine gesicherten Erkenntnisse vor.

Bekannt ist nur, dass die Fälle häuslicher Gewalt in auffälliger Weise zugenommen haben. Ursache dafür kann eigentlich nur sein, dass die Menschen in ihren Wohnungen festsitzen, kaum Freiräume und kaum Rückzugsorte haben. Die Angst um den Arbeitsplatz, wenig finanzielle Mittel, die Sorge um die Kinder und nicht zuletzt vielleicht auch die Angst vor dem Virus tragen dazu bei, dass der emotionale Druck steigt. So werden dann aus Meinungsverschiedenheiten schnell Gewalttätigkeiten, die sich anderweitig nicht abreagieren lassen.

So sieht sich Hamburg veranlasst, noch im Mai ein sechstes Frauenhaus mit 32 neuen Plätzen in Hamburg zu eröffnen. Darüber hinaus will Bundesfrauenministerin Franziska Giffey Frauen besser vor Gewalt schützen. Deshalb sollen den nächsten drei Jahren jeweils 120 Millionen EUR des Bundes in den Ausbau und Neubau von Frauenhäusern und Beratungsstellen investiert werden.

Rechtliche Informationen zum Coronavirus

Was kann ich tun, wenn der Partner oder die Partnerin gewalttätig wird?

Droht Ihnen in der Partnerschaft Gewalt, bleibt in einem ersten Schritt nur, den Notruf 110 der Polizei zu wählen. Sind Sie gewillt und haben Sie die Kraft, Strafanzeige zu erstatten und auch Strafantrag zu stellen, wird die Polizei den Sachverhalt genau ermitteln und feststellen, was passiert ist. Vor allem dann, wenn es nicht der erste Vorfall dieser Art ist und sich der Partner oder die Partnerin uneinsichtig zeigt, sollten Sie den Mut aufbringen, die Tat anzuzeigen. Nur dann haben Sie die Chance, dass sich überhaupt etwas ändert. Ohne Anzeige könnte der Partner sich darin bestätigt sehen, dass er oder sie Gewalt als ein Mittel der Konfliktlösung betrachten darf.

Auch wenn Sie auf eine Strafanzeige verzichten wollen, kann die Polizei helfen. Die Polizei kann den gewalttätigen Ehepartner aus der Wohnung entfernen und ihn oder sie anweisen, die Wohnung für einen bestimmten Zeitraum nicht mehr zu betreten. Dazu kann die Polizei den Haustürschlüssel einkassieren und dem Täter gestatten, zumindest dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen. Eine Lösung des Problems erreichen Sie damit natürlich in aller Regel nicht. Spätestens dann, wenn der Partner in die Wohnung zurückkehrt, könnte alles wieder von vorne beginnen oder gar eskalieren. Allerdings haben Sie in diesem Zeitraum Gelegenheit, sich bei Gericht Hilfe zu holen, indem Sie beantragen, Ihnen die bislang gemeinsam genutzte Wohnung zur alleinigen Nutzung zu überlassen.

Geht es um Gewalt in der Ehe, versprechen gewalttätige Ehepartner gar zu gerne, dass sie die Tat bereuen und loben, künftig alles besser zu machen. War es der erste Vorfall dieser Art, ist die Hoffnung groß, dass sich der Partner selbst vor Augen führt, dass seine Gewalttätigkeit keine Probleme löst. Bestenfalls beginnt er, an sich und seinem Problem zu arbeiten. Leider ist diese Hoffnung oft trügerisch. In vielen Fällen sind die allerbesten Vorsätze schnell vergessen. Dann müssen andere Lösungen her.

Welche Hilfe von außen gibt es noch?

Droht Ihnen Gewalt oder möchten Sie in Anbetracht drohender Gewalt aus Ihrer Wohnung flüchten, können Sie versuchen in einem Frauenhaus unterzukommen. Es gibt in Deutschland etwa 400 Frauenhäuser, Frauenschutzwohnungen und 800 Fachberatungsstellen. Recherchieren Sie im Telefonbuch unter dem Eintrag „Frauen helfen Frauen“ oder kontaktieren Sie die Frauenhaus-Koordinierungsstelle. Sie können sich auch anonym beraten lassen. So ist das Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend rund um die Uhr an 365 Tagen erreichbar.

Welche Hilfe bietet das Gewaltschutzgesetz?

Das Gewaltschutzgesetz ermöglicht gerichtliche Maßnahmen, die Sie gegen Gewalt und Nachstellungen schützen. Vor allem kommt die Überlassung der gemeinsam genutzten Wohnung in Betracht. Diese Maßnahmen müssen Sie beim Familiengericht beantragen.

Welche Anordnungen sind zu meinem Schutz möglich?

Das Familiengericht kann je nachdem, in welcher Art und Weise Ihnen Gewalt droht, Anordnungen zu Ihrem Schutz treffen. Dabei bleibt unerheblich, ob der Partner die Tat unter Alkoholfluss oder im Drogenrausch begangen hat. Entscheidend ist allein, dass er oder sie auch in diesem Fall für sein Verhalten Verantwortung trägt. In Betracht kommt, dass das Gericht dem Partner verbietet, die Wohnung zu betreten und Ihnen die Wohnung zur alleinigen Nutzung für einen Zeitraum von wenigstens sechs Monaten zuweist. Außerdem kann das Gericht dem Partner verbieten, sich in Ihrer Nähe aufzuhalten oder Kontakt zu Ihnen aufzunehmen.

Die wichtigste Maßnahme ist aber die Wohnungsüberlassung. Sie haben dann das Recht, allein in der Wohnung zu verbleiben. Der Partner darf aufgrund der Anordnung des Gerichts die Wohnung nicht mehr betreten. Dazu spielt es keine Rolle, ob der Partner den Mietvertrag allein unterzeichnet hat oder allein Eigentümer der Wohnung ist. Entscheidend ist allein, dass es Ihre bislang gemeinsam genutzte Ehewohnung ist, an der auch Sie ein gleichrangiges Nutzungsrecht haben. Da die Wohnungszuweisung nur eine vorübergehende Regelung darstellt, sollten Sie den Zeitraum, in dem Ihnen die Wohnung überlassen wird, dazu nutzen, sich selbst eine eigene Wohnung zu beschaffen.

Da Sie nur wirksam Schutz haben, wenn das Gericht schnellstmöglich entscheidet, wird das Gericht die jeweilige Schutzanordnung im Wege einer einstweiligen Anordnung bestimmen. Der Ehepartner wird dazu im Regelfall nicht angehört. Die Anordnung wird meist ohne mündliche Verhandlung bei Gericht erlassen. Diese Anordnung ist dann sofort wirksam. Wenn es darauf ankommt und Ihr Partner die Anordnung nicht respektiert, können Sie sofort zwangsweise vollstrecken und dazu Gerichtsvollzieher und notfalls die Polizei hinzuziehen. Handelt der Ehepartner entgegen der Anordnung, riskiert er oder sie ein Bußgeld und in letzter Konsequenz auch die Anordnung von Ordnungshaft.

Praxistipp

Sie brauchen an sich keinen Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin zu beauftragen, wenn Sie bei Gericht Maßnahmen zu Ihrem Schutz beantragen. Da die Rechtslage nach dem Gewaltschutzgesetz aber nicht ganz einfach zu beurteilen ist und teils auch emotionale, menschliche und strategische Gesichtspunkte das Ziel bestimmen, sollten Sie sich zumindest anwaltlich beraten lassen. Schnellschüsse sind nicht geeignet, Probleme effektiv zu bereinigen.

Alles in allem

Sind Sie häuslicher Gewalt ausgesetzt, sollten Sie sich darum bemühen, sich und Ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. Es gibt verschiedene Hilfsangebote, die Sie kostenfrei und unverbindlich in Anspruch nehmen können. Sie sind nicht allein in dieser Situation. 

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