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Wie wird der Kin­des­un­ter­halt be­rech­net?

Bild: Wie wird der Kindesunterhalt berechnet?

Wor­auf muss ich bei der Be­rech­nung ach­ten?

Sehen Sie in der Düsseldorfer Tabelle nach! So lautet der Standardsatz auf die Frage, „wie wird der Kindesunterhalt berechnet?“. Allerdings werden Sie schnell feststellen, dass ein Blick in die Tabelle allein nicht genügt. Sie müssen auch wissen, wie man die Tabelle liest. Sie müssen insbesondere wissen, was wichtig ist, um den Kindesunterhalt nach Maßgabe der Tabelle zu berechnen. Wir erklären Ihnen in zehn Punkten, wie Sie die Düsseldorfer Tabelle verstehen und den Kindesunterhalt für Ihr Kind berechnen.

Kur­ze Zu­sam­men­fas­sung

  • Kindesunterhalt berechnet sich nach der Düsseldorfer Tabelle, welche nach Höhe Ihres bereinigten Nettoeinkommens und Alter Ihres Kindes den Betrag bemisst.
  • Sie berechnen Ihr bereinigtes Nettoeinkommen, indem Sie Ihr Bruttoeinkommen um alle Ihre notwendigen Ausgaben und ehebedingten Verpflichtungen bereinigen.
  • Um Ihre eigene Existenz zu sichern, steht Ihnen ein Selbstbehalt zu. Zusätzlich wird Ihre Unterhaltspflicht durch den Bedarfskontrollbetrag kontrolliert. Sind Sie aufgrund Ihres nicht ausreichenden Nettoeinkommens ein Mangelfall, haben Sie mehrere unterhaltsberechtigte Personen zuerst rangmäßig und dann anteilig zu bedienen.

Prak­ti­sche Tipps für Sie

Tipp 1: Es kann ein fiktives Einkommen angerechnet werden
Schulden Sie Unterhalt, kann Ihnen als ungelernte Arbeitskraft im Hinblick auf Ihre gesteigerte Erwerbsobliegenheit ein fiktives monatliches Einkommen zuzurechnen sein, wenn Sie ein derartiges Einkommen im Rahmen einer früheren Tätigkeit bereits erzielt haben (OLG Hamm 2 UF 213/15).

Tipp 2: Nicht nur Ihr Arbeitseinkommen zählt bei der Unterhaltsberechnung
Ihr Einkommen ergibt sich nicht nur aus Ihrem Arbeitseinkommen. Sie müssen auch Gratifikationen des Arbeitgebers berücksichtigen sowie Einkünfte aus Nebentätigkeiten, Vermietung und Verpachtung, Kapitalerträge, Steuererstattungen und mietfreies Wohnen im Eigenheim mit einbeziehen

Tipp 3: Lassen Sie sich bei der Berechnung helfen
Unterhaltsberechnungen sind meist schwierig. Möchten Sie zuverlässig wissen, wie Sie den Kindesunterhalt berechnen, dürfen wir unseren Unterhaltsrechner empfehlen. Damit berechnen Sie einfach, schnell und preiswert den Unterhaltsbetrag für Ihr Kind.

Was muss ich zum Kin­des­un­ter­halt vor­ab wis­sen?

Betreut Ihr Ex-Ehepartner nach der Trennung und Scheidung Ihr gemeinsames Kind, sind Sie unterhaltspflichtig und müssen Kindesunterhalt zahlen. Im Detail sollten Sie vorab wissen:

  • Ihr minderjähriges Kind hat stets Anspruch auf Kindesunterhalt. Es ist nicht erwerbspflichtig. Einkünfte aus gelegentlichen Tätigkeiten werden nicht auf den Kindesunterhalt angerechnet. Soweit das Kind Einnahmen aus Kapitalvermögen bezieht, braucht es sich nur die Zinserträge anrechnen zu lassen. Es braucht aber nicht auf den Vermögensstamm zuzugreifen.
  • Ist Ihr Kind volljährig, hat es bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres als sogenanntes privilegiertes Kind Anspruch auf Kindesunterhalt, wenn es im Haushalt des anderen Elternteils lebt und sich in der Schul- oder Berufsausbildung befindet. Eine Ausbildungsvergütung wird nach Abzug eines Pauschalbetrages von 100 EUR auf den Kindesunterhalt angerechnet.
  • Das Kindergeld wird zur Hälfte auf den Kindesunterhalt angerechnet. Sie dürfen also den sich aus der Düsseldorfer Tabelle ergebenden Zahlbetrag um die Hälfte des Kindergeldes reduzieren.
  • Ihr Selbstbehalt beträgt 1.120 EUR, wenn Sie nicht erwerbstätig sind und 1.370 EUR, wenn Sie Einkünfte haben. Ihr Selbstbehalt gegenüber einem volljährigen, nicht privilegierten Kind beträgt 1.650 EUR.
  • Über den normalen Kindesunterhalt hinaus sind Sie verpflichtet, dem Kind Sonderbedarf und Mehrbedarf zu zahlen. Sonderbedarf sind außergewöhnlich hohe Kosten, die nicht regelmäßig und meist unvorhersehbar anfallen (z.B. kieferorthopädische Behandlungen). Mehrbedarf sind regelmäßig laufende Mehraufwendungen im Interesse des Kindes (z.B. Beiträge für die Kinderkrippe).
  • Der Anspruch auf Kindesunterhalt ist vorrangig gegenüber anderen Unterhaltsansprüchen zu bedienen. Zahlen Sie auch nachehelichen Unterhalt, müssen Sie den Kindesunterhalt vorrangig bezahlen. Der Restbetrag steht für den Ehegattenunterhalt zur Verfügung.

Was Sie beim Thema Unterhalt beachten sollten

Was Sie beim The­ma Un­ter­halt be­ach­ten soll­ten

Ein Überblick zum Thema Unterhalt und Tipps für die Unterhaltsberechnung.

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War­um ist die Düs­sel­dor­fer Ta­bel­le so wich­tig?

Die Düsseldorfer Tabelle oder Düsseldorfer Liste, erleichtert den Familiengerichten die Berechnung des Kindesunterhalts. Sie hat den Zweck, in Deutschland möglichst einheitliche Beträge für den Kindesunterhalt festzusetzen. Auch wenn die Düsseldorfer Tabelle keine Gesetzeskraft besitzt, orientieren sich die Gerichte an genau dieser Düsseldorfer Tabelle. Die aktuelle Fassung der Düsseldorfer Tabelle stammt vom 1. Januar 2024. Die Tabelle wird im Jahresrhythmus an die Lebenshaltungskosten angepasst.

In der kleinen Welt, in welcher Kinder leben, gibt es nichts, dass so deutlich von ihnen erkannt und gefühlt wird, als Ungerechtigkeit.

Charles Dickens (1812 - 1870)

Was sind die un­ter­halts­recht­li­chen Leit­li­ni­en der Ober­lan­des­ge­rich­te?

Die Düsseldorfer Tabelle wird ergänzt durch die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte. Jedes Oberlandesgericht hat in seinem Bezirk Leitlinien veröffentlicht, die sich weitgehend an den Leitlinien des Oberlandesgerichts Düsseldorf orientieren. Darin finden sich ergänzende Informationen zur Interpretation und Anwendung der Düsseldorfer Tabelle. Sie brauchen sich für diese Leitlinien nicht unbedingt zu interessieren, da deren Inhalte in diesem Text weitgehend verarbeitet werden. Im Einzelfall können sich, je nachdem in welchem OLG-Bezirk der Rechtsstreit ausgetragen wird, Abweichungen ergeben.

Wie wird der Kin­des­un­ter­halt nach der Düs­sel­dor­fer Ta­bel­le be­rech­net?

Sie berechnen den Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle in mehreren Schritten:

1. Schritt: Stellen Sie Ihr bereinigtes Nettoeinkommen fest

Sie sehen in der linken Spalte der Düsseldorfer Tabelle 15 Einkommensstufen. Dort ist in jeder Einkommensstufe das sogenannte bereinigte Nettoeinkommen vorgegeben. Wie Sie Ihr bereinigtes Nettoeinkommen berechnen, erklären wir unten in Ziffer 6.

Praxisbeispiel: Ihr bereinigtes Nettoeinkommen beträgt 1.850 EUR. Sie werden dann in die Einkommensstufe 1 eingeordnet.

2. Schritt: Bestimmen Sie die Altersstufe Ihres Kindes

Sie sehen in den mittleren Spalten der Düsseldorfer Tabelle 4 Einkommensstufen. Je nach dem Alter Ihres Kindes ergibt sich daraus der Unterhaltsbetrag.

Praxisbeispiel: Ihr Kind ist vier Jahre alt. Sie verdienen 1.850 EUR. Sie zahlen in der Einkommensstufe 1 und in der Altersstufe 1 des Kindes 480 EUR Kindesunterhalt.

3. Schritt: Ziehen Sie die Hälfte des Kindesgeldes ab

Nach der Trennung steht dem betreuenden Elternteil das Kindergeld in voller Höhe zu. Da Sie gleichfalls Elternteil sind, wird das Kindergeld zur Hälfte auf den nach Schritt 1 und 2 errechneten Zahlbetrag angerechnet.

Das Kindergeld beträgt (Stand: 1. Januar 2023):

Kindergeld Stand: 1. Januar 2023
Für das erste und zweite Kind250 EUR
für das dritte Kind250 EUR
für das vierte und jedes weitere Kind250 EUR

Wie be­rech­ne ich mein be­rei­nig­tes Net­to­ein­kom­men?

Sie berechnen Ihr bereinigtes Nettoeinkommen, indem Sie Ihr Bruttoeinkommen um bestimmte Abgaben und Verbindlichkeiten bereinigen. Im Detail:

  • Ihr Bruttoeinkommen ergibt sich aus Ihren Gehaltsabrechnungen. Maßgebend sind Ihre Abrechnungen der letzten zwölf Monate. Sind Sie selbstständig, sollte sich Ihr Bruttoeinkommen aus Ihren Einkommensteuerbescheiden der letzten Jahre ergeben.
  • Von diesem Bruttoeinkommen sind Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge abzuziehen. Im Ergebnis entnehmen Sie das sich ergebende Nettoeinkommen aus Ihrer Gehaltsabrechnung.
  • Darüber hinaus dürfen Sie 5 % Ihres Nettoeinkommens, mindestens aber 50 EUR und höchstens 150 EUR im Monat als berufsbedingte Aufwendungen einkommensmindernd berücksichtigen. Sollten Sie höhere berufsbedingte Ausgaben haben, wären diese im Detail nachzuweisen.
  • Haben Sie ehebedingte Verbindlichkeiten, dürfen Sie diese in angemessener Höhe berücksichtigen. Beispiel: Sie haben Waschmaschine und Fernseher Ihrem Ehepartner überlassen und zahlen den dafür aufgenommenen Ratenkredit ab.
  • Zusätzlich dürfen Sie angemessene Altersvorsorgeleistungen in Höhe von etwa 5 % Ihres Bruttolohns berücksichtigen.
  • Sind Sie nicht sozialversicherungspflichtig (z.B., weil Sie selbstständig sind) dürfen Sie 20 % Ihrer Bruttoeinnahmen für die Verwendung Ihrer privaten Altersversorgung berücksichtigen.

Im Ergebnis ergibt sich Ihr bereinigtes Nettoeinkommen. Dieses Nettoeinkommen ist Grundlage, nach der die Einordnung in eine der zehn Gehaltsstufen der Düsseldorfer Tabelle erfolgt.

Was hei­ßt, die Düs­sel­dor­fer Ta­bel­le gilt für zwei Un­ter­halts­be­rech­tig­te?

Der nach Maßgabe Ihres bereinigten Nettoeinkommens und der Altersstufe Ihres Kindes errechnete Zahlbetrag in der Düsseldorfer Tabelle ist noch nicht das endgültige Ergebnis. Die Düsseldorfer Tabelle weist nämlich den monatlichen Unterhaltsbedarf für zwei unterhaltsberechtigte Personen aus.

Die Tabelle geht davon aus, dass ein unterhaltspflichtiger Elternteil für zwei minderjährige Kinder oder ein gemeinsames Kind und die Kindesmutter Unterhalt leisten muss. Zahlen Sie jetzt nur für ein Kind Unterhalt, werden Sie in die nächsthöhere Einkommensstufe eingeordnet. Zahlen Sie umgekehrt für mehr als zwei Personen Unterhalt, erfolgt Ihre Einordnung in die nächstniedrigere Einkommensstufe. Die niedrigste Einkommensstufe ist allerdings die Einkommensstufe 1 bis 1.900 EUR Nettoeinkommen.

Was ist der Selbst­be­halt?

Unterhalt ist wichtig. Dennoch können Sie nur Unterhalt zahlen, wenn Sie wenigstens ihre eigene Existenz sichern können. Ihnen steht deshalb ein Selbstbehalt zu. Ihnen verbleiben, wenn Sie nicht erwerbstätig sind, monatlich mindestens 1.120 EUR. Sind Sie erwerbstätig, verbleibt Ihnen ein Selbstbehalt von 1.370 EUR.

Was ist der Be­darfs­kon­troll­be­trag?

In der letzten Spalte der Düsseldorfer Tabelle finden Sie den Bedarfskontrollbetrag. Er dient der Korrektur Ihrer Unterhaltspflichten.

In der untersten Einkommensstufe 1 ist der Bedarfskontrollbetrag identisch mit Ihrem Selbstbehalt von 1.200/1.450 EUR. Ab der zweiten Einkommensstufe steigt der Bedarfskontrollbetrag fortlaufend an. Zweck ist, Ihr Einkommen ausgewogen zwischen mehreren unterhaltspflichtigen Personen zu verteilen. Wird im Einzelfall der Bedarfskontrollbetrag unterschritten, weil noch weitere Unterhaltspflichten bestehen, ist die nächstniedrigere Gruppe, deren Bedarfskontrollbetrag nicht unterschritten wird, zugrundezulegen.

Wann bin ich ein Man­gel­fall?

Sind Sie mehreren Personen gegenüber unterhaltspflichtig, reicht Ihr Nettoeinkommen möglicherweise nicht aus, um alle Unterhaltspflichten zu erfüllen. Nach der Rangfolge im Unterhaltsrecht müssen Sie zuerst die im ersten Rang befindlichen minderjährigen und privilegierten Kinder bedienen. Im zweiten Rang folgt der Elternteil, der die Kinder betreut. Ihr volljähriges nicht privilegiertes Kind findet sich erst auf dem vierten Rang wieder. Reicht Ihr Einkommen jetzt nicht aus, muss sich derjenige, der sich im Nachrang befindet, mit dem Rest zufriedengeben oder erhält im ungünstigsten Fall überhaupt keinen Barunterhalt. Die Juristen sprechen von einem Mangelfall.

Aus­blick

Die Unterhaltsberechnung ist vielleicht nichts für schwache Nerven. Wer Unterhalt fordert, ist oft enttäuscht. Wer Unterhalt zahlen muss, ist oft frustriert. Sie können Unterhaltsstreitigkeiten vorbeugen, wenn Sie Ihre Ansprüche angemessen beziffern und begründen oder umgekehrt Unterhaltsansprüche sachgerecht zurückweisen.

Glossar zum Artikel:

  • Der Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle bemisst sich neben dem Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen nach der Altersstufe des Kindes. Die Tabelle benennt vier Altersstufen: 0 – 5 Jahre, 6 – 11 Jahre, 12 – 17 Jahre und älter als 18 Jahre.
  • Die Unterhaltsleistung ist durch Zahlung einer monatlich im Voraus zu gewährenden Geldrente in Form von Bargeld zu erfüllen (§ 1612 BGB). Soweit besondere Gründe vorliegen, kann der Unterhaltspflichtige verlangen, stattdessen Naturalleistungen zu erbringen (z.B. Kleidung, Essen).
  • Um den Unterhaltsanspruch feststellen und beziffern zu können, ist der Unterhaltsberechtigte darauf angewiesen, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen zu kennen. Verwandte in gerader Linie sind gegenseitig zu Auskünften über ihr Einkommen und ihr Vermögen verpflichtet und haben auf Verlangen Einkommensbelege, ein Verzeichnis ihrer Einnahmen und Ausgaben vorzulegen und deren Vollständigkeit nach bestem Wissen an Eides statt zu versichern. Zusätzlich sind dem Familiengericht verfahrensrechtliche Befugnisse eingeräumt, um bei einer Weigerung des Unterhaltspflichtigen die notwendigen Informationen zu beschaffen. Das Gericht kann dann direkt von Arbeitgebern, Versorgungseinrichtungen und Finanzämtern Auskünfte einholen (§ 236 FamFG).
  • Der Bedarf eines Kindes für seinen Lebensunterhalt ist nach der Trennung der Eltern mit dem Betreuungsunterhalt und dem Barunterhalt abgegolten. Betreuungsunterhalt leistet derjenige Elternteil, der das Kind in seinem Haushalt betreut und damit den Bedarf des Kindes allein durch Erziehung, Pflege, Kost und Logis deckt. Der nicht betreuende Elternteil leistet hingegen Barunterhalt.

Geschrieben von: Volker Beeden

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